Letzte Woche hat Microsoft eine bedeutende Neuerung in Viva angekündigt, die wahrscheinlich den HR-Technologiemarkt durcheinanderbringen wird: Viva Skills (Fähigkeiten). Und das Skills-System in Viva ist nicht nur ein Skills-Inferenzmotor, sondern auch ein skillsbasiertes Lernsystem, eine Möglichkeit, Mentoren und Experten zu finden, eine Plattform für die Mitarbeiterentwicklung und ein internes Mobilitätstool, das wie ein Talentmarktplatz aussieht.
Warum ist das für den HR-Technologiemarkt so revolutionär? Wenn Viva in Unternehmen erfolgreich wird (bereits mehr als 35 Millionen Menschen nutzen es), werden viele der teuren Skills-Technologieunternehmen an Bedeutung verlieren. Und wie wir alle wissen, ist das System, das „dem Benutzer gegenübersteht“, dasjenige, um das jeder herumarbeiten muss.
Erläutern wir das genauer. Das Skills-System in Viva basiert auf der Taxonomie der Fähigkeiten aus dem LinkedIn Skills Graph und beruht auf Schlussfolgerungen aus sämtlichen Aktivitäten der Mitarbeiter im Microsoft Graph. Dies bedeutet, dass es sofort einsetzbar ist und Mitarbeiter es leicht aktualisieren können. Mit der Zeit, wenn die Verwendung von Skills in Viva zunimmt, werden auch Fähigkeiten aus externen Systemen integriert und den Mitarbeitern viele Möglichkeiten zur Verfügung gestellt, um ihre Fähigkeiten zu kuratieren, einzusehen und zu aktualisieren. All diese Informationen sind im Microsoft-Profil jedes Mitarbeiters verfügbar.
Für Kunden von Microsoft 365 sind diese Profile von großer Bedeutung, da sie Informationen wie IT-Sicherheitsberechtigungen, Berufsbezeichnung, Hierarchieebene, Standort, Arbeitszeitplan und den Online-Aktivitätsverlauf der Mitarbeiter enthalten. Oftmals nehmen wir das Microsoft-Profil als gegeben hin, doch tatsächlich erfüllt es eine entscheidende Rolle bei der Sicherheit und Identitätsverwaltung, wodurch es zu „dem Unternehmensprofil“ für die meisten Mitarbeiter in Unternehmen wird, die Microsoft-Lösungen verwenden.
Viva Skills wird sich etablieren
Und je mehr das Profil gefüllt wird, umso nützlicher wird es. Mitarbeiter können über das Profilfoto eines anderen Mitarbeiters gehen und sehen ihre Karten mit ihren Skills und anderen Informationen. Viva kann diese Skillinformation nutzen und Kurse, Lernpfade, Mentoren und später auch Jobs im Unternehmen vorschlagen. Und HR kann Viva Insights nutzen, um zu sehen, welche Fähigkeiten im Unternehmen vorhanden sind, wo es kritische Lücken gibt und viele weitere Analysen und Möglichkeiten für die Organisation durchführen.
In vielerlei Hinsicht ist dies das Nirvana einer „skillbasierten Organisation“ , nach der wir alle streben. Und jetzt ist es in unseren Systemen, die wir jeden Tag nutzen.
Was ist mit unseren Backend Systemen, in denen wir derzeit Fähigkeiten eintragen, definieren, entwickeln und messen?
Nun, Skills for Viva ist ein offenes System, und Microsoft sucht nach Ökosystempartnern. Out of the box werden Viva Learning-Partner (einschließlich LinkedIn Learning mit über 16.000 Kursen) diese Plattform mit richtig Power versorgen. Andere Quellen umfassen Informationen aus HCM-Plattformen, LMS-Systemen, ATS-Systemen, Stellenbeschreibungen, Daten aus Dokumenten und Arbeitsaktivitäten sowie natürlich die von den Mitarbeitern selbst beschriebenen Fähigkeiten. Microsoft hat bereits Verknüpfungen zu SAP (dem internen HR-System von Microsoft), Workday und anderen HR-Systemen, und wir können davon ausgehen, dass diese Partnerschaften beschleunigt werden.
Und sobald dieser Skills-Graph gefüllt ist, gibt Viva Learning den Mitarbeitern Empfehlungen für Schulungen, Karrierewege, Mentoren und sogar offene Stellen (die später kommen). Sie sehen, wie disruptiv dies für etablierte HR-Technologieanbieter wird?
Was passiert mit den ganzen tollen Tools, die wir für die Modellierung, Entwicklung und Ableitung von Fähigkeiten teuer eingekauft haben (Cornerstone, SAP Success Factors, Workday, Gloat und viele weitere)? Nun, sie werden die Backend Nahrungsquelle für Viva werden. Und die Viva Skills Taxonomie (also die Wortliste, die Fähigkeiten beschreibt) basiert auf dem Linkedin Skill Graph, ist also schon weit verbreitet. Und je mehr Unternehmen die Viva Taxonomie nutzen, desto weiter wird sie sich elaborieren.
Viva ist Teil der täglichen Arbeitserfahrung
Ich denke, dass Microsoft-Kunden ihre Mitarbeitererfahrung über Viva Skills abbilden möchten und Systeme wie SAP Success Factors oder Gloat im Hintergrund wirken. Warum? Weil es für Mitarbeiter einfacher zu finden und zu nutzen ist. Es ist in ihren täglichen Arbeitsablauf eingebunden, denn mein Microsoft-Arbeitsplatz ist immer verfügbar. Muss ich mich hingegen in einem Drittsystem anmelden, dann tue ich das gewiss nur einmal im halben Jahr.
Das große Problem, das wir lösen
Bedenkt bitte das große Problem, was wir lösen wollen: Fähigkeiten im Unternehmen zu verstehen. Während euer HCM als Ablage für Skilldaten funktioniert, ist es für Nutzer nicht einfach, an diese heranzukommen. Microsoft würde sagen, dass diese Daten in Viva gehören, dort wo Mitarbeiter sie einfach einsehen, bearbeiten und nutzen können. Und ich würde dem zustimmen.
Viele Use Cases sind jetzt denkbar
Sagen wir ein Mitarbeiter hat z.B. einen Grundlagen Power Automate Workshop besucht. Nachdem Workshop hat er sofort 100 Ideen, welche Prozesse er damit automatisieren könnte. Er weiß aber auch, dass er dazu jemanden braucht, der mehr als nur Grundlagenwissen hat. Er sucht einfach in Viva Skills nach Power Automate und bekommt sofort 3 Power User im Unternehmen angezeigt. Ohne Viva Skills musste sich der Mitarbeitende immer durchfragen, Schleifen drehen und war am Ende konstaniert, niemanden zu finden, der helfen kann. Also wurde die Aufgabe extern vergeben, was mit zusätzlichen Kosten verbunden war. Dieser Fall ist mir erst kürzlich begegnet.
Microsoft ist sehr gut darin, einfache und schnell nutzbare Produktivtätssoftware zu bauen. Damit wird auch Viva Skills schnell nutzbar sein. Und ich sage nicht, dass Viva Skills andere gute Tools sofort ersetzen wird. Aber wenn ihr mit der Zeit über euren HR Tech Stack nachdenkt, kann ich mir keinen Grund ausdenken, warum ein Microsoft-Kunde dieses System nicht nutzen sollte, um Fähigkeiten in den Tools, die seine Mitarbeiter jeden Tag nutzen, abzubilden. Und natürlich zieht das Geld und Aufmerksamkeit von den Backend Systemen weg.
Da ist ja noch der Copilot
Wie wir in den Demos sehen können, können Mitarbeiter nicht nur ihr Profil ausfüllen, Kurse belegen, Mentoren finden und nach Projekten suchen – sie können den Copiloten auch um Entwicklungstipps bitten, und der KI-Assistent wird in der Lage sein, herauszufinden, welche Lerninhalte, Projekte und Aktivitäten ihnen bei einer Beförderung helfen können. Viva Learning verfügt jetzt über ein Tool, um KI zur Erstellung maßgeschneiderter Lernpfade einzusetzen, sodass HR-Manager Karriereprogramme in Bereichen wie „Prompt Engineering“ oder in anderen wichtigen Unternehmensbereichen erstellen können. Es ist nicht mehr erforderlich, umständlich um das LMS oder LXP herumzuarbeiten, um dies zu erreichen.
Natürlich hat diese Eleganz ihren Preis. Sie müssen für Viva bezahlen (derzeit 12 Euro pro Benutzer pro Monat für alle Module) und sich an den Microsoft-Fahrplan binden. Vor zwei Jahren wäre das riskanter gewesen, aber heute, mit der massiven Verbreitung von Viva in vielen Unternehmen, ist das Risiko dieser Entscheidung gering.
Wie bei jeder neuen Technologie ist der Microsoft-Stack komplex und weist viele versteckte Funktionen auf. Und Viva Learning und Skills sind immer noch recht neu. Aber viele von uns sind mit Microsoft-Tools aufgewachsen und wissen, wie sie funktionieren. Tatsächlich setzen mehr als 70% der IT-Abteilungen auf diesen Stack unterwegs. Und als Microsoft Partner leisten wir hervorragende Arbeit bei der Schulung, Unterstützung und Aktualisierung von IT- und HR-Profis in Bezug darauf, wie diese Systeme zusammenpassen.
Ich sage nicht, dass Sie all die wichtigen Fähigkeitstechnologien, die Sie haben, wegwerfen sollen. Aber ich glaube, Sie werden sich Skills for Viva ansehen wollen. Die Kombination aus Microsofts Designfähigkeiten, KI-Infrastruktur, Ökosystempartnern und Integration mit LinkedIn macht es zu einer Lösung, die Sie nicht ignorieren können.